Mitte Januar 2024 erreichte uns ein Fragenkatalog eines Redaktionsvolontär der Süddeutsche Zeitung.

Wir halten Transparenz auch im Zusammenspiel mit den Medien für ein hohes Gut und veröffentlichen daher hier nicht nur die „Presseanfrage“, sondern auch unsere Antwort darauf wenige Tage später. Leider wollte die SZ unsere Antworten nicht verwenden: „Nach kurzer Rücksprache mit der Redaktion würden wir unter diesen Maßgaben davon absehen, Ihre Antworten zu verwenden.“

Sehr geehrter Herr X,

wie versprochen, sende ich Ihnen hiermit meine Antworten bzw. die Antworten des KV Ebersberg der AfD. Dazu drei Dinge: Wir bzw. ich stimmen der Veröffentlichung nur unter der Maßgabe zu, dass die Antworten unverändert und ungekürzt veröffentlicht werden. Aus Transparenzgründen werden wir voraussichtlich Ihre Fragen und meine/unsere Antworten auf unseren Kanälen in den sozialen Medien bzw. im Internet veröffentlichen. Wie Sie aus meinem X-Account erkennen, poste ich dort als Privatperson und ohne Verweis auf die AfD. Meine diesbezüglichen Antworten sind daher nicht der AfD zuzurechnen und stellen meine Privatmeinung dar.

● Beobachten Sie einen Rechtsruck in der AfD und ist das für den Ebersberger Kreisverband besorgniserregend?

Die Programmatik der AfD hat sich in den letzten 10 Jahren nur geringfügig geändert. Stattdessen fand eine Verschiebung des öffentlichen Diskurses statt, die dazu führte, dass vor wenigen Jahren im Mainstream verortete Ansichten nun als „rechts“ etikettiert werden, ohne diesen Begriff klar zu definieren.

● Können Sie Ihre Gedanken zu den Protesten gegen die AfD und die Forderungen eines Parteiverbots schildern?

Ich persönlich sehe mit Sorge, wie unter Beteiligung von Regierungsvertretern gegen eine Oppositionspartei demonstriert wird. Dies gab es bisher nicht in einer freiheitlichen und pluralistischen Demokratie. Auch das diskutierte Parteiverbot wird meines Erachtens zurecht von bedeutenden Verfassungsrechtlern wie etwa dem ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Papier für falsch erachtet (Welt.de: Ex-Präsident des Verfassungsgerichts Papier rät von AfD-Verbotsantrag ab).

● Wie steht die Partei im Landkreis zu den Berichten des Recherchezentrums Correctiv?
○ Kam es bei Ihnen zu internen Diskussionen oder Unklarheiten im Umgang mit den Veröffentlichungen? Wenn ja, können Sie diese kurz schildern?

Die AfD in Landkreis Ebersberg sieht keine Belege für die von „Correctiv“ aufgestellten Behauptungen. Die Migrationspolitik der AfD wird im Übrigen auf Parteitagen diskutiert und beschlossen und ist in den Partei- bzw. Wahlprogrammen nachzulesen.

● Das Treffen in Potsdam soll von Mitgliedern der Identitären Bewegung und weiteren Akteure aus dem rechten Spektrum besucht oder unterstützt worden sein. Inwiefern distanziert sich die Ebersberger AfD von diesen Akteuren?

Bis auf die Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy, mit der wir im letzten April eine Veranstaltung zum Thema „Rente“ durchführten, sind uns die Teilnehmer des besagten Privattreffens in Potsdam nicht näher bekannt.

● Wie beurteilen Sie das in der Recherche beschriebene Projekt einer “Remigration”?

Leider gibt es erstaunlicherweise zu dem fraglichen Vortrag auf diesem Privattreffen keinen genauen Wortlaut, der eine Bewertung erlauben würde. Die Beteiligten und „Correctiv“ geben dazu unterschiedliche Darstellungen.

● Auf Twitter haben Sie unter Verweis auf die Correctiv-Recherche geschrieben, die Betroffenen würden in dieser Form schwer gegen Falschdarstellungen vorgehen können. Worin sehen Sie eine Falschdarstellung und warum?

Mein persönlicher Beitrag auf „X“ bezog sich erkennbar nicht auf die angebliche „Correctiv-Recherche“, sondern auf die „szenische Lesung“ am Berliner Ensemble, wo die unbelegten Behauptungen von „Correctiv“ dargeboten wurden. Vermutlich erhofft man sich damit, Klagen der dargestellten Personen zu entgehen, da man etwaige Falschbehauptungen als künstlerische Freiheit deklarieren kann.

● Desweiteren schreiben Sie: “Es werden wirklich alle Register gezogen. Und auch darin steckt wieder Staatsgeld.” Wie ist diese Aussage zu verstehen? Sprechen Sie hier eine mögliche gezielte staatsfinanzierte Kampagne gegen die AfD an? Correctiv erhält nach eigenen Angaben keine staatlichen Förderungen für investigative und redaktionelle Arbeit, lediglich für Medienbildung und Strukturförderung.

Wie gesagt bezog sich mein Text auf die „szenische Lesung“ am Berliner Ensemble. Dieses erhielt als „Berliner Ensemble GmbH“ laut „Haushaltsplan von Berlin für die Haushaltsjahre 2022/2023“ im Jahre 2023 geplante Zuschüsse vom Land Berlin iHv 18.945.000 € (siehe Haushaltsplan von Berlin für die Haushaltsjahre 2022/2023, Seite 84). Außerdem wird dem Berliner Ensemble vom Land Berlin das genutzte Gebäude überlassen, was einem Wert von ca. 200.000€ bis 300.000 € pro Jahr entspricht (siehe Haushaltsplan von Berlin für die Haushaltsjahre 2022/2023, Seite 33). „Correctiv“ selbst erhielt laut Eigenauskunft (Correctiv – Finanzen und Förderer) im Jahre 2023 431.059,85€ von der Bundeskasse, 145.338,00€ von der Landeshauptkasse NRW und 146.201,60€ von der aus Bundesmitteln finanzierten „Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt“, deren Stiftungsziel eigentlich die nachhaltige Stärkung des Ehrenamts in strukturschwachen und ländlichen Regionen ist (Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt). Inwieweit hier Mittel, die u.a. aus dem Mitteln des Landwirtschaftsministeriums stammen, entgegen dem Stiftungsziel eingesetzt wurden, und ob die „Recherche“ mit Wissen und Wollen staatlicher Stellen erfolgte, wäre in der Tat mal ein lohnendes Ziel einer Recherche. Ob die von Ihnen behauptete Nutzung dieser Gelder ausschließlich für bestimmte, andere Zwecke der Wahrheit entspricht, kann ich nicht abschließend beurteilen, wage ich aber, etwa bei den Personalkosten, zu bezweifeln.

● Zuletzt gab es vermehrt Fälle, in denen AfD-Mitglieder öffentlich für Aufsehen sorgten, bspw. im Fall des bayerischen Landtagsabgeordneten Halemba oder beim Skandieren rechter Parolen in einer Gredinger Diskothek, wobei AfD-Mitglieder anwesend gewesen sein sollen. Inwiefern sehen Sie diese Vorfälle in der Ebersberger AfD mit Sorge?

Hierzu gibt es nach unserer Kenntnis jeweils staatsanwaltliche Ermittlungen. Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu laufenden Ermittlungsverfahren.

Bei etwaigen Rückfragen stehe ich Ihnen natürlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Christoph Birghan